Sie ruderten im gleichen Takt

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Nur Frauen kommen am 23.10.2011 in Frage: Erika Bigler, Präsidentin ostschweizerinnen.ch
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Es braucht mehr Frauen in der Politik - sagt Jolanda Spirig.

Infos und Fotos vom Anlass:
...und nicht vergessen: Surfen Sie bei och und lesen Sie die Kandidatinnen-Portraits!!!!!!

Im gleichen Boot wollen sie nach Bern rudern, die Nationalratskandidatinnen dieses Kantons. Möglichst schnell natürlich. Jetzt zeigten die vier Rheintaler Ruderinnen Margrit Kessler, Patricia Mattle, Laura Bucher und Gloria Schöbi ein Kräftemessen in Balgach. Ohne Siegerin.

 

Samuel Tanner, in: Der Rheintaler

27:09:2011

 

Balgach. Dieser Abend in der Weinstube begann im gleichen Boot. Denn: «Wir rudern gemeinsam nach Bern!», sagt die Frauenzentrale St. Gallen und meint damit sämtliche potenzielle Nationalrätinnen des Kantons. Von SP bis SVP liessen sich Kandidatinnen für die Aktion und das Fotoshooting auf dem Bodensee gewinnen – sie demonstrierten damit: Die Einigkeit der Frauen ist jetzt wichtiger als das Parteibuch.

Was auf dem Foto gut aussieht, gestaltet sich rhetorisch aber oft schwieriger: die Einigkeit. Und so fragte man sich vor dem gestrigen Podiumsgespräch in der Balgacher Weinstube: Rudern die vier auch bei Fragen zur Armee im gleichen Takt? Oder in den Wirtschaftsthemen? Gelingt es einer Kandidatin, die Rolle als Kapitänin zu übernehmen? Oder gar, eine Kontrahentin mit rhetorischen Mitteln über Bord zu werfen?

«Ich wähle nur Frauen»

In einem waren sich wohl alle zwanzig Zuschauerinnen einig: «Es gibt zu wenig Frauen in der Politik!» Das stellte die Organisatorin Jolanda Spirig vom Frauenforum Rheintal zu Beginn klar.

Neben ihr kamen weitere Exponentinnen der Frauenbewegung. So zum Beispiel Beatrice Heule, die Gründerin des Rheintaler Frauenforums. Sie verteilte fleissig Komplimente: «Sie sind jetzt aber nicht Patricia Mattle!? – «Doch, bin ich», antwortete diese. – «Ich muss Ihnen sagen: Ich bin stolz auf Sie! Sie haben eine super Ausstrahlung!» Auch die Initiantin der gemeinsamen Frauen-nach-Bern-Kampagne, Erika Bigler, war in Balgach. Rote Haare, schwarze Brille, markige Worte: Bigler ist ein Urgestein in der Szene. Und so sagte sie, ganz selbstverständlich: «Ich schreibe bei den Wahlen am 23. Oktober nur Frauen auf meinen Wahlzettel.»

Ein gutes Omen für die vier zum Start dieses Wettkampfs.

Die Ruderinnen des Abends: Margrit Kessler, Patientenschützerin und Mitglied der Grünliberalen. Patricia Mattle, Betriebswirtschafterin der CVP. Laura Bucher, Doktorandin von der SP. Und: Die Wirtschaftsstudentin Gloria Schöbi, die für die Jungfreisinnigen nach Bern rudern will.

In der Vorstellungsrunde punkteten vor allem Bucher und Mattle, die gleich von Beginn an das sagten, was die Zuschauerinnen hören wollten: «Noch immer müssen sich Frauen für Dinge rechtfertigen, die bei den Männern längst selbstverständlich sind!» Oder: «Noch immer differieren die Löhne von Frau und Mann!» – Leichter Vorsprung also für Mattle und Bucher, die seinerzeit gemeinsam die Kantonsschule Heerbrugg besuchten.

Viel Konsens bei den Sachfragen

Bei den Sachfragen präsentierte sich ein – für politische Auseinandersetzungen – ungewohntes Bild; derart viel Einigkeit herrschte. Von den Sozialdemokraten bis zum Jungfreisinn.

Ohne Ausnahme warfen sie die Atomenergie über Bord, im gleichen Ruderschlag sprachen sie sich dafür aus, die Armee runter zu fahren. Und im gleichen Boot sassen sie auch, als es um die Offenlegung der Parteienfinanzierung ging.

Kaum ausgeschert

Nur bei der Pauschalbesteuerung für reiche Ausländer (Schöbi und Mattle) und bei der Diskussion um eine stärkere Regulierung der Banken (Schöbi) ruderten die Kandidatinnen der bürgerlichen Mitteparteien einen eigenen Weg.

Am Schluss kamen Kessler, Mattle, Bucher und Schöbi allerdings gemeinsam ins Ziel. Keine der Frauen kristallisierte sich als Kapitänin heraus. Man ging zahm miteinander um, kritisiert wurde wenig. Und wenn, dann mussten entweder die Männer hinhalten: «Der Ständerat behielt sich ein Türchen in Richtung Atomstrom offen. Da sitzen wohl zu viele Männer», sagte Patricia Mattle. – Und das Publikum lachte.

Oder die SVP: «Peinlich, was die Rechtspartei im Bereich Zuwanderung macht», sagte Mattle. Einander gegenseitig auszupaddeln war auch gar nicht der Sinn des Abends. Vielmehr demonstrierten die vier Einigkeit unter Frauen. Und das gelang ihnen. Man ruderte im gleichen Takt. Die Kämpferin für Frauenrechte, Erika Bigler, sagte nach der Veranstaltung denn auch: «Für mich sind alle wählbar.»

Dieser Abend in der Weinstube endete also auch im gleichen Boot.


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