Alles Zichorie oder was?

Bild
Galt früher als mythische Zauberpflanze: die Wegwarte. Bilder: K. Kiehl.
Bild
Die Zichorie ist eine unscheinbare Pflanze mit vielen Möglichkeiten.

Bereits im 15. bis 17. Jahrhundert galt die Wegwarte als mythische Zauberpflanze. Besonders heiß begehrt war eine seltenere weiß blühende Variante, die als „Sympathiemittel“ zu hohen Preisen gehandelt wurde. 

Hätten Sie`s gewußt? Die heimische Wegwarte kommt bei uns nicht nur als Chicoree-Gemüse auf den Tisch, sondern wurde vor allem in Notzeiten als Kaffeeersatz verwendet. Und darüber hinaus hat die Wegwarte noch einiges mehr zu bieten.

 

K. Kiehl

04:09:2012

 

Noch kann man sie vereinzelt an Straßenrändern oder auf verwilderten Wiesen sehen: Cichorium intybus, die Wegwarte oder Zichorie mit ihren himmelblauen Blütensternen. Im Laufe eines Sommers können sich bis zu 2000 Blüten an einer Pflanze bilden, jedoch hält jede nur einen einzigen Tag. Die Pflanze selbst ist eher unscheinbar, die wenigen Blätter erinnern an die des Löwenzahn.

Bereits im 15. bis 17. Jahrhundert galt die Wegwarte als mythische Zauberpflanze. Besonders heiß begehrt war eine seltenere weiß blühende Variante, die als „Sympathiemittel“ zu hohen Preisen gehandelt wurde. Von Paracelsus bis Kneipp war man sich jedoch einig, in der Wegwarte tatsächlich eine wertvolle Heilpflanze zu besitzen. So wird sie in alten Kräuterbüchern der Volksheilkunde zur Blutreinigung, gegen Hautunreinheiten, als Abführmittel und als Haarwuchsmittel angepriesen.

Nachgewiesen ist, dass die Wegwarte besonders Diabetikern gute Dienste leisten kann. Die getrockneten Wurzeln sind reich an Insulin, das für die Ernährung von Zuckerkranken eine bedeutende Rolle spielt. Wegwartentee wird auch heute noch bei Erkrankungen von Leber, Galle und Milz, bei Gallensteinen, Kreislaufschwäche und zur Blutreinigung empfohlen.

Durch den bitter-aromatischen, kaffeeähnlichen Geschmack, wurde die Wegwarte bereits Anfang des 19. Jahrhunderts, zur Zeit der von Kaiser Napoleon I. verhängten Kontinentalsperre, als Zichorien-Kaffee zu einer erschwinglichen Alternative zum herkömmlichen Kaffe. Durch diese politische Maßnahme gegen England kamen die wie Kaffee verwendeten, gerösteten Wegwartenwurzeln erstmals groß in Mode. Später wurde dieser coffeinfreie Kaffeeersatz während der letzten beiden Weltkriege wiederentdeckt.

Im Winter ausgegrabene Wegwartenwurzeln, die durch Wärme zum Austreiben gebracht werden, bilden dicke, bis zu 20cm lange, dichtgedrängte Blattknospen: den "Chicoree". Dieses bitter schmeckende Gemüse hat ebenfalls eine ganze Palette an Heilwirkungen zu bieten. So wird gedünsteter Chicoree durch seine leichte Verdaulichkeit bei Darmerkrankungen empfohlen. Die zahlreichen Bitterstoffe helfen bei Appetitlosigkeit. Genau wie der Tee wirkt auch das frische, als Salat zubereitete oder gedünstete Gemüse positiv auf die Verdauungsorgane wie Magen, Bauchspeicheldrüse und Leber.

Der rotblättrige Radicchio ist übrigens genauso eine Variante der Wegwarte wie unser Endiviensalat. Eine unscheinbare Pflanze also, die eine Vielzahl an Möglichkeiten bietet.


zurück            Diesen Artikel versenden            Mein Kommentar zu diesem Artikel
Verein ostschweizerinnen.ch · c/o Nelly Grubenmann · Tellen | Postfach 30· 9030 Abtwil · kontakt@ostschweizerinnen.ch